Brachland zu Wohnraum – Brachland zu Wagenplatz
Dokumentation der Flächensuche der Wagengruppe Schlagloch in Kiel
Während wir in Wellsee im Winterquartier sind, gehen die Verhandlungen mit der Stadt für die Zeit danach weiter. Wir sind mit der Stadt seit der Besetzung im Mai 2017 über einige Flächen im Gespräch gewesen und über viele auch immer noch. An dieser Stelle wollen wir auf die fehlgeleitete Flächen- und Wohnpolitik der Stadt Kiel aufmerksam machen und die durch die monatelange Flächensuche erlangten Informationen zur Verfügung stellen.
Es ging uns von Anfang an keinesfalls nur darum, einen Platz für uns zum Wohnen in Wägen zu finden und einen Freiraum entstehen zu lassen. Sondern insbesondere auch darum anzuprangern, was in der Kieler Stadtpolitik falsch läuft. Und damit auch, was alles unnötig brachliegt, während es an bezahlbarem, sozialem oder alternativem Wohnraum mangelt!
Es zeigt sich leider immer wieder, dass nicht nur der Prüner Schlag als ehemals öffentliche/städtische Fläche an einen Privatinvestor verkauft wurde und nun seit langer Zeit brachliegt, sondern dass das an vielen Orten in dieser Stadt der Fall zu sein scheint…
Entgegen der Aussagen der Stadt Kiel, gibt es unzählige freie Flächen. Viele davon sind im Übrigen in einem Dokument namens „Wohnbauflächenatlas“ von der Stadt selbst zusammengetragen worden. Darunter sind auch 56 stadteigene Flächen. Generell scheint es allerdings häufig der Fall zu sein, dass Flächen aus städtischem Besitz entweder bereits an eine*n Privatinvestor*in verkauft worden sind oder noch verkauft werden sollen. Damit werden sie der öffentlichen Nutzung entzogen. Hier zeigt sich das typische Problem sogenannter „Privat public partnerships“: Die Stadt Kiel hat durch den Verkauf kurzfristig Einnahmen. Langfristig entstehen jedoch vermehrte Kosten, da beispielsweise die auf den nunmehr privaten Flächen gebauten Gebäude zurück gemietet werden müssen, um z.B. dort eine städtische KiTa betreiben zu können. Die Stadt gibt Verantwortung an Investor*innen ab, die sie eigentlich selbst tragen müsste. Dem Recht auf KiTA-Plätze müsste die Stadt nachkommen und genügend Plätze zur Verfügung stellen. Statt aber selbst dafür zu sorgen wird diese Verantwortung an Investor*innen scheinbar ohne Fristangaben zur Fertigstellung übergeben (weiter dazu in der Flächendokumentation Ernestinenstraße).
Der stadtpolitische Ratschlag legte außerdem schon 2016 den Hauptkritikpunkt an dem Verkauf dar: „Trotz eines Beschlusses bei Neubauprojekten grundsätzlich auf 30% Sozialwohnungsbau zu bestehen, werden für Wohnungen in guter Lage immer wieder Ausnahmen beschlossen. Ein Beispiel dafür ist die Baustelle neben der Nikolaikirche, wo der Investor mit 0% sozial gebundenem Wohnraum eine fulminante Rendite einstreichen wird.“ Wirtschaftliche Interessen werden so letztendlich wieder einmal vor das Belangen der Bewohner*innen dieser Stadt gestellt. Doris Grondke, Stadträtin für Stadtentwicklung und Umwelt, hat seit ihrem Amtsantritt verhandelt, dass nun bei Bauvorhaben ab 50 Wohneinheiten 30% Sozialwohnungen sein müssen. Ein Schritt in die richtige Richtung. Fraglich bleibt jedoch wie viele Häuser in der Größenordnung überhaupt geplant werden. Viele der städtischen Flächen in dem Flächenatlas scheinen hierfür nicht groß genug und kommen somit wieder nicht dem sozialen Wohnungsbau zu Gute.
Wir sind mit einem solchen buchstäblichen Ausverkauf städtischer Flächen und der ungenügenden Einplanung bezahlbaren Wohnraums nicht einverstanden! Wir fordern die Stadt auf, die Flächen für den dringend notwendigen städtischen sozialen Wohnungsbau zu nutzen oder aber (mindestens als Zwischennutzung bis dahin!) für alternative Wohnprojekte, wie z.B. einen Wagenplatz, zur Verfügung zu stellen!
Die während unserer Recherche und den Verhandlungen mit der Stadt erlangten Informationen über Flächen sollen für Alle zur Verfügung stehen. Darum dokumentieren wir unsere bisherige Flächensuche für Freiraum und Wohnraum in Form eines Wagenplatzes in Kiel:
Prüner Schlag
54°19’10.9″N 10°06’22.3″E
Ehemaliges Kleingartengebiet zwischen A7/B76/Westring/Hasseldieksdammer Weg (Kiel-Südfriedhof). Trotz massivem Protest und einem Bürgerbegehren, in dem 47,5% der Kieler*innen dagegen stimmten, wurde das Gelände geräumt und an Möbel Kraft für die Errichtung eines riesigen Möbelmarktes verkauft. Seitdem liegt das Gelände größtenteils brach. Die Wagengruppe Schlagloch besetzte im April 2017 einen Teil des Geländes, wurde nach genau einem Monat geräumt und musste nun ca. 3200€ Strafe an Möbel Kraft zahlen. Eine Zwischennutzung, solange das Gelände brachliegt, wurde sofort unter fadenscheinigen Gründen abgelehnt.
Hofteichstraße
54°17’54.3″N 10°07’52.5″E
Hinten im Wendehammer der Hofteichstraße (Gaarden-Süd) befinden sich 3 Abschnitte brachliegender Flächen (u.a. bekannt als “Alter Tonberg”). Die Wagengruppe Schlagloch parkte vorübergehend im Juni bis August 2017 auf einem der Abschnitte und musste die Fläche dann unter erheblichem Druck des Ordnungs- und Tiefbauamtes, sowie einiger misstrauischer Anwohner*innen verlassen. Laut Aussage der Stadt Kiel sollen die Flächen an eine*n Privatinvestor*in verkauft werden. Auch hier ist also scheinbar wieder keinerlei sozialer/bezahlbarer Wohnungsbau geplant. Eine Zwischennutzung durch den Wagenplatz wurde von der Stadt abgelehnt, wodurch die Fläche nun wieder ungenutzt brachliegt.
Gleisdreieck
54°17’52.0″N 10°08’13.4″E
Rechts abgehend der Diedrichstraße (Kiel-Gaarden) nach einer Unterführung unter den Gleisen hindurch befinden sich mehrere ungenutzte Grundstücke auf einem Dreieck zwischen Gleisen. Die Wagengruppe Schlagloch befand sich im Sommer 2017 mit der Stadt Kiel im Gespräch über eine Nutzung. Leider ist die einzige Zufahrt die unter der Unterführung hindurchgehende. Diese ist allerdings wenige Zentimeter zu flach für einige unserer Wagen. Laut Aussage der Stadt Kiel ist es unmöglich z.B. gemeinsam mit der Bahn eine Lösung zu finden, wie beispielsweise die Unterführung einige Zentimeter tiefer auszuheben.
Kuckucksweg
54°17’57.9″N 10°09’50.3″E
Seit vielen Jahren brachliegende Fläche am Kuckucksweg, nahe Preetzer Straße, runter Richtung Langsee (Kiel-Elmschenhagen). Die Fläche wurde in den 90ern mal kurzfristig von einer Wagengruppe besetzt, aber sofort wieder geräumt. Die Wagengruppe Schlagloch befand sich im Sommer 2017 mit der Stadt Kiel im Gespräch über eine Nutzung. Laut Aussage der Stadt ist die Fläche durch die vorherigen Nutzer*innen stark kontaminiert worden. Es gäbe wohl immer noch einen Streit um die Kosten für eine Säuberung. Dies sei der Grund für das jahrzehntelange brachliegen. Um eine Dekontamination wird sich von keiner Seite bemüht. Dadurch bleibt die Fläche unbenutzbar.
Ernestinenstraße
54°18’43.6″N 10°09’32.3″E
Seit vielen Jahren brachliegende Fläche in der Ernestinenstraße, hinter Aldi, nahe Ostring (Kiel-Gaarden). Die Wagengruppe Schlagloch befand sich im Sommer 2017 mit der Stadt Kiel im Gespräch über eine Nutzung. Laut Aussage der Stadt wurde die Fläche an eine*n Investor*in verkauft, um dort eine KiTa zu bauen (Stichwort „Private Public Partnership“ !?). Auf der Fläche tut sich seitdem nichts. Trotz mangelnder KiTa-Plätze hat die Stadt hier ihre Verantwortung an andere abgegeben und verhindert somit das schnelle Entstehen neuer KiTas. Die Investor*innen scheinen keine Fristen und keinen Druck von Seiten der Stadt zu bekommen und können somit die Fläche brachliegen lassen.
Wiese neben dem Aubrook
54°18’46.0″N 10°05’13.0″E
Stück brachliegende Wiese abgehend des Zuwegs vom Kolonnenweg aus zum Wagenplatz/Alternatives Wohnen Aubrook 100 (Kiel-Hassee). Aus einer Flächenanalyse der Stadt Kiel für eine geeignete Fläche für die Wagengruppe Schlagloch im Sommer 2017 ging diese Fläche als vermeintlich einzige Möglichkeit im gesamten Stadtgebiet hervor. Die Stadt Kiel schlug daraufhin eine Nutzung vor. Wir mussten den Vorschlag jedoch ablehnen, da die Wiese sehr stark abschüssig ist, sodass ein Umkippen oder Abrutschen der Wagen wahrscheinlich wäre.
Edisonstraße / B404
54°16’21.8″N 10°08’48.8″E
Städtisches Eckgrundstück direkt an der B404 / Edisonstraße (Kiel-Wellsee). Die Wagengruppe Schlagloch befindet sich seit August 2017 und noch bis Mai 2018 hier. Der Vorschlag zu einer Nutzung kam von der Stadt. Da es sich anscheinend um eine Ausgleichsfläche für das angrenzende Industriegebiet handelt, welche grün bleiben muss und somit nicht bewohnt werden darf, konnte nur ausnahmsweise für ein „Winterquartier“ ein Mietvertrag für 9 Monate ausgehandelt werden. Paradoxerweise befanden wir uns auch auf dem Prüner Schlag auf dem Teil der Fläche, welche Ausgleichsfläche für Möbel Kraft bleiben wird. Hier wurde uns noch gesagt, eine Ausnahmegenehmigung, Zwischennutzung o.ä. sei auf einer Ausgleichsfläche keinesfalls möglich.
Liselotte-Herrmann-Straße
54°17’26.5″N 10°09’32.0″E
Brachliegende Fläche mit einem großen, recht verfallenen Haus direkt hinter dem Penny an der Liselotte-Herrmann-Straße (Kiel-Wellsee). Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Fläche im November 2017 der Stadt Kiel vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
City Cars
54°18’43.9″N 10°07’34.8″E
Seit vielen Jahren scheinbar brachliegende Fläche zwischen Sachaustraße/Königsweg/Sophienblatt (Kiel-Südfriedhof). Es hängt dort eine alte Werbetafel: „City Cars“. Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Fläche im Januar 2018 der Stadt Kiel vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
Langer Rehm
54°20’29.4″N 10°11’17.4″E
Brachliegendes Grundstück mit verfallener Hütte gegenüber Langer Rehm 96 (Kiel-Dietrichsdorf). Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Fläche im Januar 2018 der Stadt Kiel vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
Industriestrand Hasselfelde
54°20’55.4″N 10°10’29.5″E
54°21’00.5″N 10°10’36.3″E
2 brachliegende Flächen direkt am Wasser, entlang des Wanderweges vom Industriestrand Hasselfelde Richtung Mönkeberg, links und rechts eines Bootlagers (Kiel-Dietrichsdorf). Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Flächen im Januar 2018 der Stadt Kiel vor. Wir erhielten folgende Rückmeldung: „ […], liegt die Flächen nicht auf Kieler Gemeindegebiet sondern in Mönkeberg. Hier ist die Stadt Kiel nicht zuständig. Es handelt sich um die sogenannte „Ölpier”.“
Ivensring
54°19’55.8″N 10°11’18.7″E
2 benachbarte brachliegende Flächen zwischen Ivensring/Brodersdorfer Straße/Quittenstraße (Kiel-Dietrichsdorf). Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Flächen im Januar 2018 der Stadt Kiel vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
Meimersdorfer Moor
54°17’13.6″N 10°07’12.1″E
Brachliegende Fläche im Meimersdorfer Moor nördlich direkt an den Gleisen (Kiel-Meimersdorf), die laut Aussage der Deutschen Bahn letztes Jahr an eine*n Investor*in verkauft wurde, dennoch aber weiterhin brachliegt. Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Fläche im Februar 2018 der Stadt Kiel zur Prüfung vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
Nach Schwarzland
54°18’06.0″N 10°08’53.0″E
Ein Abschnitt scheinbar ungenutzter, abgesperrter Parkplatz und angrenzend ein Stück Grün. Abgehend vom Ostring in den Hohwachter Weg und dann in die kleine Straße „Nach Schwarzland (Kiel-Gaarden). Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Fläche im Februar 2018 der Stadt Kiel vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
Christian-Kruse-Straße
54°20’02.8″N 10°07’04.3″E
Brachliegende Fläche hinter der Tennishalle an der Christian-Kruse-Straße, direkt an der neu entstehenden „Fahrradautobahn“ Richtung Uni (Kiel-Ravensberg). Die Wagengruppe Schlagloch schlug die Fläche im Februar 2018 der Stadt Kiel vor. Es gibt noch keine Rückmeldung.
Flächen aus dem Wohnbauflächenatlas
https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/kiel_plant_baut/leitbilder_konzepte/170703_wbfa_steckbriefe.pdf
Die Wagengruppe Schlagloch schlug im Februar 2018 vor, die hier gelisteten 59 städtischen Flächen auch für eine Nutzung als Wagenplatz zu prüfen. Es gibt noch keine Rückmeldung.