Polizeiliche Durchsuchung bei der Wagengruppe Schlagloch

Am Montag den 11.02.2019 kamen morgens 6 Polizist*innen und ein Staatsanwalt zum Wagenplatz Schlagloch. Sie brachen ziemlich unvermittelt, ohne vorheriges Versuchen einer Kontaktaufnahme, den Zaun um unsere Fläche an der Werftbahnstraße 1 in Kiel-Gaarden auf und betraten unaufgefordert das Gelände. Einige sofort herbei eilende Bewohner*innen machten klar, dass ein Betreten des Wagenplatzes durch die Polizei nicht gewünscht ist und es eine mündliche Absprache mit dem Besitzer des Geländes gibt, die uns erlaubt die Fläche zu bewohnen. Das bedeutet wir haben hier Hausrecht. Ungeachtet dessen kamen die Polizist*innen weiter aufs Gelände und erklärten, es ginge um die Ermittlungen zum Brandanschlag auf das Li(e)berAnders im Dezember, bei dem unsere zuvor entwendeten Transparente als Brandsatz benutzt wurden (http://schlagloch.blogsport.eu/2018/12/20/brandanschlag-auf-das-lieber-anders-in-kiel-gaarden-schlagloch-transparente-als-brandsatz-solidaritaet-mit-unseren-raeumen/). Nun würde bei den Ermittlungen ein Suchhund (Mantrailing) eingesetzt, der an den verkohlten Transpis eine Spur erschnüffelt habe, die den Hund zu unserem Wagenplatz geführt habe. Sie gingen nun davon aus, dass dies vermutlich die Spur zu der Person sei, die die Transpis gemalt habe. Der Hund müsse nun einmal an der Person direkt schnüffeln, um diese Spur „abzuhaken“ und danach etwaigen anderen Spuren von den verbrannten Transpi-Resten nachgehen zu können. Deswegen sei unbedingt nötig das Gelände zu betreten, die Ermittlungen seien ja sicher auch in unsrem Sinne. Wir wurden aufgefordert unsere Hunde wegzusperren, da der Polizeihund sich sicherlich mit unseren Hunden streiten würde und die dann „auf jeden Fall den Kürzeren ziehen“ würden. Unser Hinweis, dass dies unser Lebensraum und damit auch unserer Hunde sei, wurde ignoriert.

Die Polizist*innen, der Staatsanwalt und der Suchhund streiften daraufhin also kreuz und quer über den Platz. Der Hund schlug bei einem Wagen an. Das werteten die Cops als Spur zu der Bewohnerin. Wir erklärten, dass die Person nicht da sei. Der scheinbar leitende Polizist (möglicherweise der in den Ermittlungen leitende Polizist Herr Petersen) wollte sich selbst davon überzeugen, klopfte an der Wagentür und öffnete dann einfach. Wir konnten ihn durch lautstarkes Einschreiten glücklicherweise davon abhalten, den Wagen ohne Durchsuchungsbeschluss zu betreten. Wir werten diesen Versuch der Bullen, unseren Wohnraum zu betreten als freche Missachtung unserer Rechte und unserer Privatsphäre. Nach diesem Fehltritt wollten sie auch noch die Personalien der Person haben, die wir ihnen natürlich nicht gegeben haben. Scheinbar diskutierten Polizei und Staatsanwalt daraufhin über einen Durchsuchungsbeschluss, welcher letztendlich wegen Unverhältnismäßigkeit doch nicht gegeben wurde. Sie würden hier sowieso nur eine*n Zeug*in, keine*n Beschuldigte*n vermuten. Darauf hin zogen die Bullen ab, nicht ohne allerdings noch darauf hinzuweisen, wir sollten nun wenigstens nicht mehr vermuten, sie würden nicht richtig ermitteln.

Uns fehlt jegliches Verständnis, wie diese völlig überzogene Aktion dazu beitragen soll, die Täter*innen des Brandanschlags zu identifizieren. Für uns wirkt das ganze Vorgehen überzogen, wenn nicht gar konstruiert, um den Repressionsdruck auf uns als widerständiges linkes Wagenplatz-Projekt zu erhöhen und Informationen über uns zu sammeln.

Wir bleiben dabei:

Keine Kooperation mit Staatsgewalt und Polizei!

Für eine herrschaftsfreie Gesellschaft!

Remember Alexis, Oury Jalloh und all die anderen – Reaktion auf SHZ-Artikel

Alexandros Grigoropoulos (Spitzname Alexis) wurde im Alter von 15 Jahren am 6.12.2008 in Athen erschossen. Sein Mörder, der Polizist Epaminondas Korkoneas, wurde im Oktober 2010 zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes verurteilt ( https://web.archive.org/web/20101014004234/http://www.tagesschau.de/ausland/gerichtsurteil102.html ).

Am 25.01.2019 veröffentlichte die SHZ einen Zeitungsartikel (https://www.shz.de/regionales/kiel/mordvorwurf-gegen-die-polizei-polizisten-ballen-faeuste-in-der-tasche-id22395387.html), in dem behauptet wird, wir würden ungerechtfertigte Mordvorwürfe gegenüber der Polizei in unseren Transparenten veröffentlichen. Konkret geht es hierbei um ein Transparent mit der Aufschrift „Remember Alexis. Am 6.12. von der Polizei ermordet“. Am selben Tag schickte die Kieler CDU eine Pressemitteilung raus, in der sie sich ebenfalls über dieses Transparent echauffierte (https://www.cdu-ratsfraktion-kiel.de/artikel/geschmacklose-provokation-der-wagengruppe-schlagloch). In beiden Veröffentlichungen ist der Fall falsch dargestellt. Bevor also in der Kieler Politik, Polizei und Presse von „Provokation“ und „Mordvorwürfen“ gesprochen wird, empfehlen wir für die Zukunft erst einmal die Fakten zu recherchieren. Besonders kritikwürdig finden wir auch, dass Oberbürgermeister Kämpfer unseres Wissens nach – scheinbar ebenfalls ohne die Sachlage zu recherchieren – der Forderung der CDU nach kam und den Geschäftsführer der Gesellschaft, der die Fläche an der Werftbahnstraße 1, auf der wir als Wagengruppe momentan wohnen, gehört, anrief und ihn aufforderte, dass Transparent entfernen zu lassen. Wir empfinden die Publikationen der letzten Tage als haltlosen Versuch, uns vor der Kieler Öffentlichkeit schlecht dastehen zu lassen. Wir weigern uns, uns von einer Politik, der die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ angeblich so am Herzen liegt, den Mund verbieten zu lassen!

Ganz im Gegenteil möchten wir darauf aufmerksam machen, dass Alexis kein Einzelfall ist.

Auch in Deutschland gibt es Morde durch Polizist*innen. Ein bekanntes Beispiel ist hier Oury Jalloh, der in seiner Zelle auf dem Polizeirevier in Dessau verbrannte. Obwohl Oury an Händen und Füßen gefesselt war, behaupteten die Schuldigen Jahre lang, er habe sich selbst angezündet. Die Kampagne zur Aufklärung seines Mordes hat nach Vorlage zweier Gutachten bewirkt, dass die Staatsanwaltschaft Dessau ein Verfahren wegen Mordes einleitete. Daraufhin entzog der Generalstaatsanwalt Dessau die Ermittlungen und gab sie nach Halle weiter, wo sie nach nur dreimonatiger Prüfung der Akten eingestellt wurde. Diese Einstellung wird aktuell auf Druck von Familie und Freund*innen Oury‘s aufs Neue von der Generalstaatsanwaltschaft Nauenburg geprüft (https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/2018/06/14/wer-schwarz-ist-darf-offiziell-verbrannt-werden/#more-4968).

Während es in Griechenland wenigstens zu einer Verurteilung der Täter kam, wird in Deutschland die Aufklärung von Polizeigewalt durch den Staat selbst vereitelt. Genau diejenigen, die ständig von „Linksextremismus“ reden und freiheitliche Projekte dämonisieren, verschließen die Augen vor jeder Art von Gewalt, die vom Staat selber ausgeht.

Wir werden nicht müde werden, die Politik, die Polizei und den Staat zu kritisieren. Wir werden weiterhin Alternativen leben und aufzeigen, dass ein anderes Miteinander möglich ist!

Wagengruppe Schlagloch

und das neue Transparent…