Momentanes Vorgehen der Wagengruppe Schlagloch

Seit nun fast 6 Wochen sind wir wieder in Kiel unterwegs, um für einen neuen Wagenplatz zu kämpfen. Zuvor hatten wir unser Winterquartier in Wellsee verlassen. Wir haben viele symbolische Aktionen gemacht, wie z.B. Brachflächen für einige Tage zwischenzunutzen, um aufzuzeigen, an wie vielen Stellen und wie einfach ein mindestens temporärer Wagenplatz möglich wäre, wenn es denn politisch gewollt wäre.

Für die Stadt Kiel ist die einzige Konsequenz daraus, uns als „illegale Besetzer“ *innen anzusehen und die Verhandlungen abzubrechen. Auf diese Art und Weise ist für uns momentan die Suche nach einem möglichst dauerhafteren Platz kaum möglich. Auch wenn dies normalerweise nicht unser politisches Augenmerk ist, setzen wir deshalb derzeit unter anderem darauf, dass eine der Fraktionen einen Antrag für uns in die Ratsversammlung einbringt, der der Verwaltung den Auftrag erteilt, wieder mit uns gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Denn leider ist mensch in diesem bürokratisierten Staat ziemlich abhängig von sowas…

Um es nicht so zu halten, wie es in dieser Welt so häufig von statten geht, und hinter verschlossenen Türen etwas herum zu mauscheln, dokumentieren wir das Vorgehen und unsere Beweggründe dafür hier:

Kontakt zu Parteien

Schon während unserer Verhandlungen mit der Stadt Kiel wurde an verschiedenen Stellen immer wieder deutlich, dass es viele Missverständnisse bezüglich unserer Idee eines Wagenplatzes in Kiel gab und gibt. So wurden wir beispielsweise als reines Wohnprojekt eingestuft, weshalb dieselben Rechte und Pflichten wie bei einem Hausbau bei der Prüfung möglicher Flächen angewendet werden. Dass wir aber z.B. auch ein öffentlich zugänglicher Ort für Veranstaltungen, Austausch und Selbstverwirklichung sein wollen, ist lange unter den Tisch gefallen. Und auch das für einen Wagenplatz keinerlei Boden versiegelt, Anschlüsse gelegt, Fläche dauerhaft bebaut o.ä. werden muss, scheint nur sehr langsam zu den Verantwortlichen durchzudringen.

Um diese Missverständnisse, Irritationen und mögliche Vorurteile auszuräumen, haben wir uns entschlossen, persönliche Treffen mit Vertreter*innen der verschiedenen Fraktionen der Kieler Ratsversammlung in die Wege zu leiten. In einem ersten Schritt haben wir allen Parteien ein Konzept geschickt, in dem wir darstellen, warum wir in Wagen leben wollen, was der Freiraumgedanke beinhaltet und welche Kriterien eine mögliche Fläche erfüllen sollte. Zudem haben wir die Parteien um ein persönliches Gespräch gebeten. Unser Wunsch war es, unser Konzept noch einmal mündlich erklären zu können, auf Fragen und Sorgen reagieren zu können und so mögliche Vorurteile und Bedenken auszuräumen.

Seitdem haben Gespräche mit der Linken, der FDP und den Grünen stattgefunden. Ein Gespräch mir der SPD ist für die nächsten Tage geplant. Wir als Wagengruppe haben diese Gespräche als konstruktiv wahrgenommen. Wir wünschen uns, weiterhin in Kontakt zu bleiben und so gemeinsam an einer dauerhaften Lösung für unseren Wagenplatz zu arbeiten.

Zusammenfassung der Gespräche

Die Linke

Mit den Linken verbindet uns bereits ein längerer Kontakt. Schon während der Besetzung des Prüner Schlags besuchten sie uns vor Ort und reichten einen Antrag für unseren Verbleib auf der Ausgleichsfläche von Möbel Kraft bei der Ratsversammlung ein. Seitdem haben wir punktuell immer wieder Kontakt.

Die Grünen

Das Gespräch mit den Grünen war ein sehr konstruktives, die beiden Vetreter der Partei zeigten sich unserem Projekt als wohlgesonnen und sind motiviert mit uns eine Fläche zu finden, die zumindest als Zwischennutzung dienen kann. Wir befinden uns in regem Austausch mit der Fraktion, bezüglich eines Antrags für die Ratsversammlung und besuchten auch eine Fraktionssitzung, um uns allen Mitgliedern vorzustellen und Fragen zu beantworten.

FDP
Das Gespräch mit der FDP war aufklärend und wir haben es als konstruktiv in Erinnerung behalten. Viele der offenen Fragen seitens der Partei konnten wir beantworten und Vorurteile aus dem Weg räumen. Wie mit allen Parteien verbindet uns kein gemeinsamer politischer Grundgedanke, sondern die Suche nach einer Lösung innerhalb Kiels bezüglich des Wagenplatzes.

SPD
Ein richtiges Treffen ist in den nächsten Tagen geplant. Wir haben uns aber gefreut, dass die Ratsherren aus Gaarden uns zwei mal in der Ernestinenstraße besuchten und sich sehr offen und interessiert zeigten. Auf ihre Einladung hin besuchten wir auch eine Ortsbeiratssitzung in Gaarden, in der der Baubeginn für die KiTa in der Ernestinenstraße verkündet wurde.

Aktueller Stand

Seit die Verwaltung der Stadt Kiel (insbesondere das Büro des Oberbürgermeisters, welches bisher für uns zuständig war) nun also angekündigt hat, nicht mehr mit uns zu verhandeln, setzen wir nun – wie oben bereits erwähnt – vermehrt auf den Kontakt zu den Parteien. Durch einen Antrag in der Ratsversammlung die Verwaltung wieder neu zu Verhandlungen mit uns zu beauftragen, erscheint uns momentan leider die einzige Möglichkeit zu sein, um langfristig eine legale Lösung zu finden. Bezüglich des Antrags sind wir bereits in regem Austausch mit den Grünen und den Linken und hoffen, dass ein solcher in die erste inhaltliche Ratsversammlung des neuen Kieler Rats im Juli eingebracht wird.

Standorte

Bis dahin sind die meisten von uns darauf angewiesen, irgendwo an der Straße zu parken. Leider kam in letzter Zeit jeweils bereits nach wenigen Tagen das Ordnungsamt und forderte uns unter Androhung von Abschleppen unserer Wagen und 10.000€ Ersatzvornahme auf, meist binnen 24 Stunden den jeweiligen Ort zu verlassen. Wir sind durch diese überzogenen Repressionen beinahe permanent mit Umziehen beschäftigt. Und schaffen (und wollen) es teilweise nicht immer, unseren aktuellen Standort zu veröffentlichen. Wir hoffen auf Verständnis durch alle unsere solidarischen Freund*innen! Wir schätzen es sehr, wie doll ihr auch in diesen beschissenen Zeiten an unserer Seite steht! Natürlich freuen wir uns trotzdem immer über Besuch! Wenn ihr also wissen wollt, wo wir sind, schreibt uns eine Mail an pruener_schlagloch@riseup.net oder ruft uns auf dem Platztelefon an unter 01773089368.

Eure (etwas gehustlete und genervte) Wagengruppe Schlagloch

Aktuelle Infos zu unserer Situation 13.6.2018

Wie die meisten mitbekommen haben, sind wir letzten Donnerstag den 7.6.  auf die Brachfläche in der Ernestinenstrasse in Kiel-Gaarden umgezogen. Leider bekamen wir direkt am nächsten Tag eine Räumungsaufforderung der Stadt Kiel zugestellt, die uns aufforderte die Fläche umgehend, spätestens aber zu Montag den 11.6. um 12 Uhr zu verlassen. Wir sind dieser Aufforderung nachgekommen. Obwohl es bis zum Baubeginn der Kita keine weitere Verwendung der Fläche gibt und sie für uns einen dringend benötigten, übergangsweisen, Wohnraum darstellen könnte, liegt diese Fläche nun wieder brach. Wir selbst stehen nun wieder am Strassenrand (momentan beim Freibad Katzheide) und fordern die Stadt auf, mit uns eine Lösung zu finden und sich nicht hinter einer Law und Order-Politik zu verstecken.

Die von der KN http://m.kn-online.de/Kiel/Wagengruppe-Schlagloch-Stadt-Kiel-droht-mit-Polizeieinsatz heraufbeschworene Eskalation in der Ernestinenstraße sah übrigens ungefähr so aus:

8.6. Küfa und Kino

Morgen ab 20:00 Küfa und ab 21:30 open-air Kino bei uns in der Ernesteninenstraße. Gezeigt wird ein Film über “The Nail House” – eine Hausbesetzung in China. Der Regisseur ist anwesend.

Kommt vorbei , wir freuen uns auf euch!

Zwischennutzung der Brachfläche in der Ernestinenstraße durch die Wagengruppe Schlagloch

Nach einem Besuch des Tiefbauamtes an unserer vorübergehenden Bleibe in der Diedrichstraße, sind wir nun wieder umgezogen.

Vorgestern wurde uns mal wieder eine Räumungsaufforderung zugestellt – genauso wie zuvor an anderen Orten – wieder einmal aufgrund der „Sondernutzung“ des Parkstreifens ohne „Sondernutzungserlaubnis“.

Wir haben mit dem Abparken unserer Laster in der Diedrichstraße versucht, eine den Forderungen der Stadt entsprechende deeskalative Zwischenlösung zu finden, während wir uns mit ihnen in Verhandlungen bezüglich einer konkreten Fläche befinden.

Für uns ist das Wohnen am Straßenrand, ohne Rückzugsraum und mit dauerhaftem Lärmpegel, anstrengend und nerven-zehrend, dennoch halten wir es für wichtig, eine Einigung mit der Stadt Kiel zu erreichen.

Da wir aber anscheinend nicht unsichtbar genug waren, und die Situation für uns als Gruppe immer belastender wurde, haben wir uns entschlossen ,zurück in die Ernestinenstraße zu ziehen.

Diese Fläche hatten wir während unserer Aktionstage bereits besucht, um eine von vielen ungenutzten Brachflächen in der Stadt aufzuzeigen.

Auf der Fläche ist der Bau einer Kindertagesstätte geplant, der allerdings durch den selben bürokratischen Wahnsinn verzögert wird, gegen den auch wir kämpfen (s. Blogeintrag vom 13.5.2018).

Nach Rücksprache mit der Waldorf-Initiative, die die KiTA betreiben wird und dem zukünftigen Investor, die gegen eine Zwischennutzung unsererseits nichts einzuwenden haben, haben wir beschlossen die Fläche bis zum Baubeginn als Wagenplatz zu nutzen. Für uns zeigt diese Offenheit ganz deutlich, das der Zwischennutzung von bereits beplanten Flächen als Wagenplatz nur die Stadt im Weg steht.

Richtigstellung: Nach Rücksprache mit der Waldorf-Initiative schrieben sie uns folgendes: „Da das Grundstück weder uns noch dem Investor gehört, sondern der Stadt Kiel, können wir nur zur Kenntnis nehmen, wenn Ihr wieder in der Ernstinenstraße auf dem Grundstück der zukünftigen Kindertagesstätte seid“

Die Vorhaltung von ausreichend KiTa-Plätzen, ebenso wie anderen sozialen Einrichtungen ist Aufgabe der Stadt. Wir kritisieren das in dieser Stadt durchaus übliche Verfahren ebensolche Zuständigkeiten an private Investor*innen abzutreten und damit eine sozial-staatliche Aufgabe der neoliberalen Verwertungslogik auszusetzen. Denn es hat zur Folge, dass soziale Einrichtungen wie z.B. Kita‘s gezwungen sind wirtschaftlich zu handeln. Bereits in vielen sozialen Bereichen, wie z.B. durch die Privatisierung von Krankenhäusern, hat dies schwerwiegende Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit und Qualität der Versorgung, ebenso wie auf die Arbeitsbedingungen der Care-Worker*innen. Der rapide Abbau von staatlicher Fürsorge, sei es in der Kinderbetreuung, bei der Versorgung älterer und oder gesundheitlich eingeschränkter Menschen, oder aber bei der Vorhaltung von bezahlbarem bzw. staatlich gefördertem Wohnraum, ist eine uns alle betreffende Problematik – so unterschiedlich unsere Lebenssituationen auch sein mögen. Wir finden es wichtig, sich über die persönlichen Bedürfnisse hinaus mit anderen zu verbünden, um der Rückentwicklung des Sozialstaats etwas entgegenzusetzen.

Das Projekt einer interkulturellen Waldorf-KiTa im Stadtteil Gaarden ist ein Beispiel dafür, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen versucht der Betreuungsproblematik etwas entgegenzusetzen. Dieses Projekt zeigt einmal mehr, wie das Versagen des Sozialstaates durch zielstrebiges und kämpferisches Handeln kleiner Gruppen ausgeglichen werden kann und muss. Und dass es möglich ist, Alternativen zu schaffen und wichtige Projekte in unserer Stadt umzusetzen.

Dass die Initiative mit den selben bürokratischen Hürden zu kämpfen hat wie wir als Wagengruppe und wahrscheinlich viele andere kulturelle und soziale Projekte, die in dieser Stadt etwas anders machen möchten, zeigt deutlich welche Probleme die kapitalistische Stadtplanungspolitik verursacht: Wirtschaftsunternehmen müssen in dieser Stadt nicht jahrelang um Standorte kämpfen, sondern werden umworben – während dringend notwendigen Projekten Steine in den Weg gelegt werden.

Wir solidarisieren uns mit der KiTa- Initiative und fordern die Stadt auf, die bürokratischen Hürden für den Bau der KiTa schnellstmöglichst auszuräumen. Bis zum Baubeginn fordern wir eine Duldung der Zwischennutzung der Fläche in der Ernestinenstraße als Wagenplatz.

Wir freuen uns über die Möglichkeit zum Austausch und auf gemeinsame Aktionen mit der KiTa-Gruppe und den Anwohner*Innen der Ernestinenstrasse!